Melanie Graf hat sich für den IronMan Hawaii qualifiziert

Warum sie nicht startet

 „Ich hatte einfach einen geilen Tag“, beschreibt Melanie Graf vom TSR Olympia ihren ersten Start über die Triathlon-Langdistanz, den sie am 7. Juli in Klagenfurt mit Bravour ins Ziel brachte. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und den abschließenden Marathon absolvierte die 38-Jährige in 10:54:10 Stunden. Platz vier in ihrer Altersklasse und das WM-Ticket für den bekannten „Ironman“ auf Hawaii bedeutete das für Melanie Graf.

Als die Plätze für eben jene Weltmeisterschaft allerdings am Tag nach dem Wettkampf in Klagenfurt offiziell vergeben wurden, waren Melanie Graf und Trainer Sven Vanderschot, der gleichzeitig auch ihr Freund ist, bereits auf dem Rückweg nach Wilhelmshaven. Der Termin des Rennens auf Hawaii kollidiert mit den Hochzeitsplänen des Paares. Den Startplatz ließ die Wilhelmshavenerin verstreichen.

„Über Hawaii habe ich mir vorher keine Gedanken gemacht. Schließlich war es nie das Ziel, beim ersten Langstreckenlauf die Qualifikation zu erreichen“, kommentiert Melanie Graf die kurzfristig entstandene Terminüberschneidung. Stolz ist sie dennoch auf das, was sie in den österreichischen Alpen geleistet hat – zumal die Bedingungen während des Rennens al les andere als optimal waren.

„Eigentlich fanden wir in Klagenfurt bestes Sommerwetter vor. Einen Tag vor dem Start wurde von der Rennleitung jedoch ein Wetterumschwung angekündigt. Auch ein Abbruch wurde als schlimmster Fall in Aussicht gestellt.“ Erwischt hat es Melanie Graf dann auf der Radstrecke:

„15 Kilometer vor dem Wechsel zum Laufen fing es an wie aus Kübeln zu regnen. Das ist beim Radfahren besonders unangenehm, weil die Carbon-Bremsen auf schwierigen Abschnitten zu kämpfen haben. Ich war echt froh, als ich vom Rad absteigen und den Marathon in Angriff nehmen konnte.“

Im Kopf der 38-Jährigen schwirrte noch ein Gedanke herum: Was ist, wenn das Rennen doch noch abgebrochen wird? Zumal nach dem Regen auch noch ein heftiger Sturm einsetzte. „Damit habe ich mich aber nicht lange beschäftigt, vielleicht noch die ersten zwei Kilometer der Laufstrecke.“ Danach galt der Fokus von Melanie Graf nur noch dem Marathon.

Die 38-Jährige war so sehr im „Tunnel“, dass sie weder auf ihre Zeit achtete („Auf die Uhr habe ich während des Wettkampfes gar nicht geguckt“) noch die anhaltenden Wetterkapriolen sie von ihrem Ziel abhalten konnten.

Mit dem ersten Start über die Langdistanz soll noch nicht Schluss sein. Erneut gemeinsam mit Trainer und Bald-Ehemann Sven Vanderschot hat sich Melanie Graf für den „Ironman“ in Frankfurt am 28. Juni 2020 angemeldet. Traditionsgemäß werden bei diesem Wettkampf auch die Europameisterschaften ausgetragen.

Dass der nächste Langstreckenlauf für das TSR-Duo erst im kommenden Jahr ansteht, liegt vor allem an der Belastung und der zeitintensiven Vorbereitung. Das Training für Klagenfurt haben Melanie Graf und Sven Vanderschot bereits im Oktober vergangenen Jahres aufgenommen.

„Im Winter stehen zunächst kurze Einheiten mit hohen Belastungsspitzen in den Teildisziplinen an. Im Frühjahr waren wir im Trainingslager auf Lanzarote. Dort haben wir vor allem an unserer Form auf dem Rad gefeilt“, erklärt Melanie Graf. Dass ihr Zukünftiger als Trainer mit dabei ist, hilft der 38-Jährigen ungemein. „Ich neige dazu zu überdrehen, wenn es im Training gut läuft. Dann ist aber irgendwann die Luft raus.“ Deshalb schreibt Sven Vanderschot Trainingspläne, um die Belastung zu steuern.

Kennengelernt hat sich das „Triathlon-Paar“ bei einem Trainingslager auf Mallorca, das zur Vorbereitung auf den Triathlon in Köln vom Veranstalter ausgerichtet wurde. Melanie Graf, die an der Deutschen Sporthochschule Köln studiert hat, arbeitete im Bereich Sponsoring für den Veranstalter, war aber auch zu dieser Zeit schon selber aktiv und als Trainerin auf Mallorca mit von der Partie. „Eigentlich waren wir gar nicht zusammen in einer Trainingsgruppe. An einem geselligen Abend haben wir uns aber bei ein paar Gläsern Sangria besser kennengelernt“, erinnert sich die frisch gebackene „IronWoman“.

Was folgte waren zunächst einige Jahre der Fernbeziehung. Die war aber gerade mit dem Trainingspensum der beiden Triathleten nur schwer vereinbar. 2015 entschloss sich Melanie Graf, ihren Job aufzugeben, in Köln die Zelte abzubrechen und nach Wilhelmshaven zu ziehen. Eine neue berufliche Heimat fand sie beim Kurverein Neuharlingersiel, wo sie als Projektleiterin in den letzten Jahren die Kutter-Regatta organisierte und demnächst für das „BadeWerk“ zuständig ist.

Sportlich wurde der TSR ihre neue Heimat. Gemeinsam mit Sven Vanderschot startet Melanie Graf auch im Landesliga-Team des Vereins –  unter  anderem  auch beim „NordseeMan“ in Wilhelmshaven, der am 10. und 11. August ausgetragen wird. Bei den Rennen in der Landesliga warten dann deutlich kürzere Strecken als noch in Klagenfurt auf die beiden. Den letzten Wettkampf der Saison wird das Paar jedoch verpassen. Er findet einen Tag nach ihrer Hochzeit statt. „Da haben wir vom Team natürlich frei bekommen“, sagt Melanie Graf. „Schließlich wollen wir auch ein bisschen feiern.“

Quelle (Text und Bild): Wilhelmshavener Zeitung vom 24.07.2019

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